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Der Polizistenmord

Eine Schreckenstat in der Pfeddersheimer Flur Im Jahr 1841

Genealogische - also familiengeschichtliche - Forschungen fördern nicht selten bemerkenswerte Ergebnisse zu Tage. Da gibt es schöne und frohstimmende Kenndaten aus dem Leben von „Altvorderen", aber es können auch ausgesprochen traurige und leidvolle Schicksale entdeckt werden, die die Frage aufwerfen, warum und wie konnte so etwas geschehen.

Ein „genealogischer Trauerfall" im wahrsten Sinne des Wortes soll nachfolgend geschildert werden.

Gendarm zu Pferd

Johannes Debus wurde am 20. Dezember 1799 in Mornshausen a.d. Dautphe, Kreis Biedenkopf, geboren. Er diente über eine Dauer von mehr als acht Jahren in einem hessischen Reiter-Regiment zu Darmstadt, bevor er zur Gendarmerie überwechselte. Ab dem Jahre 1832 war er als „Großherzoglich-Hessischer Gendarm zu Pferd" in Mainz, sodann in Bingen, Wöllstein und schließlich in Alzey stationiert. Seine Frau Katharina Anhäußer, die er am 10. April 1834 in Kreuznach heiratete, hatte er bei ihrem Vetter im „Gasthaus zum Hirsch" in Nieder-Ingelheim kennen gelernt. Aus dieser Ehe gingen fünf Kinder hervor, drei Jungen und zwei Mädchen. Ihre Geburtsorte waren zugleich die Stationierungsorte des „Gendarmen zu Pferd" Johannes Debus: Die Söhne Heinrich, Valentin und Friedrich Karl Debus wurden in Nieder-Ingelheim (1832), Bingen (1834) und Wöllstein (1836) geboren. Die Töchter Juliane Amalie und Luise Debus erblickten 1838 und 1840 in Alzey das Licht der Welt. In Alzey, der wohl letzten beruflichen Station des „Gendarmen zu Pferd", sollte sich das weitere Leben der kinderreichen Familie im Sinne der örtlichen Beständigkeit entfalten. Eine nochmalige berufliche Versetzung des Gendarmen Debus war nicht mehr vorgesehen.

Der Schicksalstag: 20. März 1841

Johannes Debus erhielt am 20. März 184l den Auftrag, einen „Dienstgang" in Vertretung eines Kollegen auszuführen: Er musste einen wegen Diebstahls verdächtigten Gefangenen, nämlich den 19-jährigen Küfergesellen Valentin Braun, von Alzey nach Worms transportieren. Der Weg führte über die Orte Flomborn, Ober-Flörsheim, Dalsheim, Nieder-Flörsheim und Pfeddersheim. In Worms sollte der „Dienstgang" enden. Aber es kam anders!Unterwegs, vermutlich bei einer kurzen Rast in Nieder-Flörsheim, löste Johannes Debus die Handfesseln des Gefangenen Valentin Braun, weil dieser über große Handschmerzen klagte. Offensichtlich wurden die Handfesseln auf der restlichen Wegstrecke nicht wieder angelegt, jedenfalls nicht sehr eng anliegend, um erneute Handschmerzen des Gefangenen Valentin Braun zu vermeiden. Dies wurde Johannes Debus, dem wohl etwas zu gutmütigen „Gendarmen zu Pferd", zum Verhängnis: Auf der Straße von Nieder-Flörsheim nach Pfeddersheim, dort, wo von dem Höhenrücken nordwestlich vor der Ortslage Pfeddersheim bereits die Türme des Wormser Doms zu sehen sind, durchstach Valentin Braun mit einem versteckt mitgeführten Küfermesser den Hals von Johannes Debus, so dass dessen Schlagader durchschnitten wurde.

In einem Bericht der Wormser Zeitung vom 25. März 1841 heißt es kurz und bündig: „Schon nach einer halben Stunde gab der Gendarm den Geist auf!"

In der Sterbeurkunde ,,No. 14" des Pfeddersheimer „Civilstandesbeamten" Tobias Schiffer vom 22. März 1841 ist unter anderem dokumentiert: „Am letzten Samstag, ungefähr um ein Uhr des Nachmittags, wurde Johann Debus, Großherzoglich Hessischer Gendarm in Alzey stationiert, auf dem Kleeacker von Conrad Walter, Ackermann in Pfeddersheim, in der Gemarkung von Pfeddersheim, in der Gewann Mühlweg, tot aufgefunden." Die kleine Gewann „Mühlweg" befand sich westlich der Lage „Fohndel" und grenzte mit der Schmalseite an die Nieder-Flörsheimerstraße. Im Zuge der Flurbereinigung ist diese kleine Gewann infolge der neuen Wegeführung untergegangen.

Schwerer Gang der Witwe nach Pfeddersheim

Der ermordete Johannes Debus wurde am 24. März 1841 auf dem Pfeddersheimer Friedhof am Cästrich beerdigt. Hierzu heißt es in einer handschriftlichen Aufzeichnung von Jakob Debus, dem am 24. Februar 1863 in Alzey geborenen Enkel von Johannes Debus:

„Es war ein sehr schwerer Gang von Alzey nach Pfeddersheim für die Großmutter mit ihren Kindern!" Und der Enkel vermerkt weiter: „Sehr schwer und kummervoll war das Leben für sie mit 5 Kindern ohne Pension. Infolge des Dienstvergehens (Nichtanlegung der Fesseln nach der Rast), das Großvater sich Schulden kommen ließ, wurde ihr die Pension entzogen."

Todesurteil für den Mörder

Unmittelbar nach der Tat hatte der Mörder Valentin Braun die Flucht ergriffen. Er konnte jedoch bereits einen Tag später - also am 21. März 1841 - in Armsheim gefasst werden. In der Mainzer Zeitung (Ausgabe Nr. 158) vom 9. Juni 1841 wurde wie folgt berichtet: „Nach zweitägiger Verhandlung ist heute nach 12 Uhr Valentin Braun, 19 1/4 Jahre alt, Küfergeselle, gebürtig und wohnhaft in Kreuznach, angeklagt der vorbedächtigten Tödtung des Gendarmen Debus, nachdem die Herren Geschworenen ihn nach einstündiger Berathung für schuldig erklärt hatten, durch den Assisenhof zum Tode verurteilt worden. Er vernahm die Verkündigung seines schrecklichen Looses mit einer empörenden, fast stumpfsinnigen Gleichgültigkeit." Zwischen der Tat des Mörders und seiner Verurteilung zum Tod lagen nur zweieinhalb Monate: Eine im Vergleich zu heutigen Strafprozessen kurze Zeitspanne! Ein sehr tragisches Ereignis, welches heute den Pfeddersheimern nicht mehr be­kannt ist und nur im Gedächtnis der Nachkommen des „Gendarmen zu Pferd" Johannes Debus bewahrt bleibt, bewegte vor nunmehr 163 Jahren alle Men­schen von Pfeddersheim und seiner Umgebung.

Quellen:

Peter Debus, Bad Homburg v.d.H. (Schreiben vom 19. 07.2002 mit Abschriften der zitierten Zeitungsberichte und der Sterbeurkunde)

Jakob Debus, (* 24.02.1863 in Alzey, †15. 05.1950 in Bad Homburg v.d.H.), handschriftliche Erinnerungen.

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